Kalifornienreise - Tag 6

Josef Schreiblehner
2018-05-09 08:15:00

ERNEST VINEYARDS

Unser erster Termin des Tages führt uns südlich von Healdsburg nach Windsor. Dort befindet sich die „Grand Cru Custom Crush Facility“, dass direkt neben dem riesigen Gebäude von Dumol liegt. Auch Marcassin soll direkt daneben liegen. Das Gebäude ist nagelneu gebaut worden und die Aussttattung ist famos. Bis zu 20 Weingüter vinifzieren hier die Weine unter perfekten Bedingungen, das muss man gesehen haben. Jason Kesner (siehe Tag 4) macht seine Weine auch hier. Wir sind mit Ernest Vineyards verabredet. Besitzerin Erin Brooks habe ich per Zufall bei der Prowein kennen gelernt. Die Prowein Verkostung war so vielversprechend, dass wir sie besuchen mussten. Erin hat sich leider kurzfristig eine Erkältung eingefangen, so verkosteten wir mit der Grand Cru Facility Managerin Nicole.
Schon zu Beginn der Verkostung stellt sich ein vertrautes Gefühl ein, denn es stehen mundgeblasene Gabriel-Gläser bereit. Das ist das erste Mal, dass uns das in Kalifornien passiert, das ist ja großartig!
Wir verkosten 2 extrem feine Chardonnays mit hoher Eleganz, viel Frische und wenig Alkoholgehalt. Die Weine sind so fein, verleugnen ihre Herkunft aber dennoch nicht. Das ist beeindruckend und wir sind begeistert. Also lag ich doch nicht so falsch bei der Prowein. Die drei Pinots repräsentieren den Stil des Hauses ebenso. Sie sind sehr unterschiedlich, was bei Einzellagenweinen durchaus Sinn macht. Der erste Pinot aus dem Romanini Vineyard gefällt uns am besten. Fein zart, sehr elegant, duftig, mit Druck und Drive. Einige Tage zuvor hat er 94 Punkte in Parkers Wine Advocate bekommen. Sogar 95 Punkte bekam der zweite Pinot aus dem Freestone Ranch Vineyard. Er hat mehr Frucht und Power und gefällt deswegen den WA Verkostern besser. Er ist hervorragend, aber wir bevorzugen den Vorgänger. Der dritte Pinot ist vom Petaluma Gap und hat einen hohen Whole Cluster Anteil. Daher hat er viel Säure, Kräuter, Struktur und im Moment wenig Charme. Pinot Freunde werden ihn dennoch mögen.

Die Etiketten sind schön, der Stil ist auf Eleganz und Feinheit ausgelegt. Das Weingut ist eine tolle Entdeckung! Die Weine sind groß, wenn man das so salopp sagen darf, die Preise sind mittel, die Produktionsmengen sind aber ziemlich klein. Wir werden dran bleiben.

SMITH STORY

Gleich einen Raum weiter im selben Gebäude treffen wir uns mit Eric Story von Smith Story. Eric war viele Jahre Einkäufer für einen sehr guten Weinhändler in Kalifornien. Er kennt sich aus. Wir quatschen nicht zu viel und legen mit der Verkostung los. Der Semillon ist erstaunlich gut, aber wohl nicht für unseren Markt geeignet. Der Chardonnay ist sehr fein, perfekt vinifiziert. Der Pinot ist anspruchsvoll und auf Finesse aus, doch ein wenig teuer. Spannend wird es beim Cabernet Franc. Tolle Frucht, Frische, Kräuter, Druck, Finesse, komplex, lang, zudem auch mit Trinkfluss. Toller Wein. Er wird in eine Burgunderflasche gefüllt angeboten, das liegt daran, dass sich der Wein nicht an einer Bordeaux-Stilistik orientiert, sondern an den spannenden Cabernet Francs der Loire.
Noch stärker ist der Cabernet Sauvignon, mit Cassis, dunklen Kirschen, feinen Röstaromen, gewisser Eleganz, genügend Frische, attraktiv und mit Zug.
Wir probieren noch einen Rheingau Riesling unter dem Smit Story Label, den Eric mit einem Top-Winzer im Rheingau vinifiziert. Er ist sehr gut, mit feiner Restsüsse. Eric ist stolz darauf, für uns wird es aber wohl keinen Sinn machen.

Fazit: Die Weine sind perfekt vinifiert, haben Charakter und Finesse. Sie sind zeitgemäß, sehr sauber und toll definiert, sehr attraktiv. Vinous Antonio Galloni bewertet die Weine recht hoch, den Cabernet Sauvignon sogar mit 95 Punknten. Das ist nachvollziehbar. Das ist ein sehr spannendes Weingut! Wir werden dran bleiben.

SUTRO

Am Nachmittag fahren wir bis and Ende der Chalk Hill Road zur Warnecke Ranch. Alice Sutro erwartet uns in Ihrem netten Häuschen. Sie ist jung, ist zweifache Mutter, Winzerin, Künstlerin und noch vieles mehr. Sie ist super-sympathisch und sehr engagiert, auch sehr professionell und mit viel „Attention-to-detail“. Wir wandern über das Weingut. Es ist ein Traum hier! Sogar den Russian River kann man sehen. Es ist warm und doch kühl vom Wind. Die Ruhe, die Idylle, die Landschaft – hier würde man gerne verweilen.
Ach ja, es gibt berühmte Nachbarn. Verite dürfte Ihnen bekannt sein. Chalk Hill Winery eventuell auch. Relativ neu in der Gegend ist Trinite estate von Gonzague & Claire Lurton (Haut Bages Liberal, Ferriere etc.). Sie haben hier vor ein paar Jahren ein Gut gekauft. Dazu später nochmehr. Die Tatsache, dass Persönlichkeiten aus Bordeaux sich hier angesiedelt haben, bestärkte Alice Sutro und Ihren Mann darin, auch eigene Weine zu vinifzieren. Die Warnecke Ranch gehört der Tante von Alice und daher konnten sie relativ unkompliziert erstklassige Trauben bekommen. Die Warnecke Ranch hat viele alte Reben und es wird sehr natürlich gearbeitet, „Sustainable“ nach „Lodi Rules“, das ist eine recht strenge Kontrollorganisation. Es gibt viel Waldflächen, Wasserflächen, es ist sehr natürlich und auch ein bisschen wild.

Interessant ist auch, dass der namensgebende Chalk Hill, tatschächlich nur ein runder Hügel, sich hier am Weingut befindet. Das das Weingut Chalk Hill diesen Namen geklaut hat, gefällt der Familie Warnecke natürlich gar nicht. Allerdings besteht der Hügel nicht aus Kalk, sondern aus hellem, fast weißem Gemisch aus Lehm-Ton-Mergel-Löss, genannt „Haire clay loam“. Die Bezeichnung Chalk Hill ist also nicht richtig.

Die Weine werden von Eliot Sutro vinifiziert, der Mann von Alice. Er arbeitet immer noch als Architekt in der Bay Area, seine Familie hat da eine lange Geschichte in San Francisco, googlen Sie einmal den Namen Sutro zu diesem Thema. Geplant ist, dass er irgendwann nicht mehr in die Bay Area pendeln muss. Auch er ist künstlerisch aktiv und spielt Mandoline.

Es gibt einen Merlot, der traumhaft schön ist. Ich erinnere mich, in diesem Moment, dass Alice erwähnt hat, dass die Böden jenen von Pomerol ähneln. Das wird mir jetzt bewusst. Der Merlot hat eine tolle, attraktive Frucht, viel Teife, mineralischen Zug, duftet nach schwarzen Herzkirschen, etwas Mokka und auch roten Beeren. Lecker! (Entschuldigen Sie den Ausdruck, das musste jetzt sein.)
Der Cabernet Sauvignon geht stilistisch auch in diese Richtung, hat Cassis, Schwarzkirschen, Röstaromen, auch ein wenig Kräuter, die Tannine haben einen frischen Kern. Sehr attraktiv. Das ist eine tolle Neuentdeckung, wir werden dran bleiben!

TRINITE ESTATE

Im Anschluss daran treffen wir uns am Nachbarweingut Trinite Estate mit Nicolas Vonderheyden, dem „production manager“. Das Weingut gehört Gonzague & Claire Lurton einer einflussreichen Familie aus Bordeaux. In Bordeaux gehören ihnen die Chateaux Haut Bages Liberal, Ferriere, Durfort Vivens, La Gurgue und Domeyne. Geschwistern der Lurtons gehören unter anderem Chateau Climens oder Chateau Tour de Bessan. Die Lurtons haben das Weingut vor einigen Jahren erworben, bis vor kurzem haben sie mit den Kindern auch hier gewohnt. Jetzt sind sie wieder zurück in Frankreich.

Das Weingut wird biologisch bewirtschaftet und natürlich herrschen hier Bordeaux Rebsorten vor. Die Anlagen sind toll gepflegt und es ist alles in einem erstklassigen Zustand. Nicolas zeigt uns die Weinberge und Keller. Er verantwortet hier die ganze Produktion. Sollte Ihnen der Name Vonderheyden geläufig sein, ist das nicht verwunderlich. Seinem Vater gehört Chateau Monbrison. Nicolas ist per Zufall in Kalifornien gelandet und will so schnell auch nicht wieder weg. Er hat auch ein kleines eigenes Weinprojekt begonnen, zudem wir mit ihm im Dialog sind. Wir werden berichten.

Wir verkosten die Trinite Estate Weine. Sie haben Bordeaux ähnliche knackigen Tanninen, Struktur und Frische, würden in Blindverkostungen vermutlich sogar als Bordeaux durchgehen. Der Topwein heißt Acaibo, vor kurze von James Suckling mit bis zu 95 Punkten bewertet. Der Zweitwein heißt Amaimo, auch einen reinsortigen Merlot gibt es, der sehr schön ist. Aus dem Jahrgang 2015 gibt es eine stoffige, dichte rote Cuvee, die uns am besten gefällt. Plötzlich erscheint Gonzague Lurton. Er ist zufällig zur Zeit in Kalifornien und kommt gerade von einem Ausflug zurück. Er ist sehr bodenständig und sympathisch, wir haben gute Gespräche und es macht Spaß.


News