Kalifornienreise - Tag 5

Josef Schreiblehner
2018-05-09 08:04:00

FRED SCHERRER

Den fünften Tag unserer Reise verbrachten wir im Sonoma County und starteten mit einem Termin beim Weingut Walter Hansel östlich von Santa Rosa. Die Weine sind gut vinifziert, schmecken gefällig und gut. Aber es ist nicht das, was wir suchen. Wir halten uns kurz und fahren zügig weiter zur Winery von Fred Scherrer. Das Gebäude ist ehr einfach und zweckmässig, das kann man schon von außen erkennen. Wir gehen hinein, Fred Scherrer begrüßt uns und zeigt uns die Ausstattung. Ist alles eher einfach gehalten doch es ist sehr sauber. Aber Fred ist ein Tüftler. Viele Gerätschaften hat er ein wenig umgebaut um die Weine noch schonender, noch detailgenauer vinifzieren zu können. Dabei kommt Fred seine enorme Erfahrung zu gute. Viele Jahre hat er auf dem Weingut Dehlinger gearbeitet. Mittlerweile ist er aber auch schon mehr als 20 Jahre selbständig. In seiner Familie wird schon seit drei Generationen Weinbau betrieben, die Trauben wurden jedoch in früheren Generationen verkauft. Fred hat daher auch etwa die Hälfte eigene Weinberge. Das ist natürlich kein Nachteil. Selektiv werden Trauben auch zugekauft von Weinbauern aus der Umgebung, langjährige Zusammenarbeit und Wertschätzung.

Wir verkosten die Chardonnays und da wird schon klar, dass das keine uniformen Weine sind, die nach Einheitsbrei schmecken. Nein, die Weine sind individuell, haben Charakter, sind nicht nur auf Frucht gebaut sondern haben eine tolle Balance zwischen Fruchtaromen und nicht Fruchtaromen. Das möchte Fred auch so haben, er strebt das so an. Und so haben die Weine eine erstklassige Struktur, Mineralität, eine feine Textur, Komplexität und Länge. Fred verschwindet kurz und holt einen gereiften Chardonnay. Ich dachte zunächst, es ist ein 2012er und bin damit zufrieden. Doch es ist tatsächlich ein 2002er! Das ist schon beachtlich, wie der Wein sich gehalten hat, schon mit gewisser Reife, aber vital und mit salzigem Zug.
Diese Stilistik zieht sich durch das ganze Sortiment. Pinot Noir ist wahrlich eine schwierige Sorte, aber Fred versteht es, damit umzugehen. Das beweist schon der Russian River Pinot Noir, der schon ein sehr hohes Niveau hat. Die Lagen Pinots sind individuell und charektervoll. Ein exzellenter Wein ist auch der Zinfandel Old & Mature Vines. Die ältesten Reben davon sind über 100 Jahre alt, entsprechenden Tiefgang hat auch der Wein. Auch den Rhone-Rebsorten widmet sich Fred. Huntsman ist eine herzhafte Rhone-Cuvee, Fred geht auch hin und wieder zur Jagd, daher der Name. Der Einzellagen Syrah Calypso legt noch eines drauf.
Und dann kommen wir zu den Cabernets. Fred kommt mit einem älteren Jahrgang, verrät uns nicht den Jahrgang. Er hat Reife, Frische, Charakter, auch Druck, ist kein Charmebolzen sondern hat im positiven Sinne auch Ecken und Kanten. Es ist ein 2003er – Wow! Ein junger Cabernet zum Abschluss bestätigt den Stil, das ist charaktervoll Stoff, ein sicherer Kauf.
Für ein Weingut, von dem wir zuvor kaum gehört haben, war die ganze Linie eine großartige Überraschung. Toll ist, dass man ältere Jahrgänge auch noch kaufen kann. Wie sich auch noch herausstellt, sind die Weine bei fast allen Verkostern gut bewertet. Wir werden das genau aufarbeiten, das sieht vielversprechend aus!

FROSTWATCH WINERY

Am Nachmittag waren wir mit Brett Raven verabredet von der Frostwatch Winery im Bennet Valley. Der Name ist hier Programm, denn in der „Frost-Season“ die im Frühjahr bis ca. 20. Mai geht, klingelt häufig der Frostalarm in der Nacht. Brett aktiviert dann die Frostabwehr in Form eines einfach ausgedrückt riesigen Saugers, der die kalte Luft aufsaugt und in den Himmel „schießt“. Auch eine Mikro-Sprinkler-Anlage ist vorhanden. Hierbei wird Wasser auf die Reben gesprüht, sie werden mit einer Eisschicht überzogen und so vor der Kälte geschützt. Das Anwesen hier ist wunderschön gelegen. Es ist recht ruhig und alles ist sehr gepflegt. Das Privathaus sieht sehr gemütlich aus. Wir verkosten jedoch in einem Gäste-Cottage, direkt daneben. Auch hier ist alles in einem tollen Zustand, modern und doch mit einem Hauch Klassik und regionstypisch eingerichtet.

Im Weinberg arbeitet Brett „Sustainable“. Ausschließlich die Trauben der eigenen Weinberge werden verarbeitet und in einer nahe gelegenen Custom Crush Facility vinifiziert. Das Winemaking hat Brett unter anderem bei David Ramey gelernt, das ist eine verdammt gute Schule. Auch viele Kurse hat er belegt. Vor seiner Weinkarriere war Brett in der juristischen Branche in der Bay Area beschäftigt. Aber er wollte Zeit mit der Familie und den Kindern verbringen. Brett ist ein 2m großer Kerl, daher ist es auch nicht verwunderlich, dass er früher Basketball gespielt hat. Gegen seinen Sohn hat er aber keine Chance, der spielt auch Basketball im College Team. Sie sind Fans der Golden State Warriors und fieberten in den Play-Offs mit, die gerade stattfinden.

Die Weine sind sehr gut und fair gepreist. Der Chardonnay 2015 ist großartig, mit toller Frucht und der erwarteten Frische, feiner Mineralik und Zug. Für 30 Dollar (Retail) ist das verdammt gut, die 93 Punkte im Winespectator sind angemessen. Der Chardonnay Reserve 2014 war eher üppiger und Brett holte sogleich einen 2015er. Der war hingegen fantastisch, druckvoll, zart cremig, mit Drive und Tiefe. Der Pinot Noir präsentiert sich fein, rund, gut zu verstehen und elegant, ein Charmeur, den man gerne trinkt. Noch etwas besser ist der Merlot. Der 2013er hat von Parker sogar 94 Punkte bekommen und war in wenigen Stunden ausverkauft. Der 2014er gefällt uns ganz hervorragend, präzise, reintönig, tolle Balance aus Frucht, Frische, perfekt dosiertes Holz, schön sanft. Das macht Spaß.


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